Kathpress-Interview
Rumänisch-orthodoxe Kirche: Diaspora wird immer bedeutender
Bischofsvikar Dura im Kathpress-Interview über wachsende Bedeutung der Rumänisch-orthodoxen Kirche in Österreich und besondere seelsorgliche Bemühungen im Land – 1993 gab es in Österreich nur zwei rumänische Pfarren, heute sind es 25
Die Synode der Rumänisch-Orthodoxen Kirche hat die Seelsorge in der Diaspora zum inhaltlichen Schwerpunkt für das Jahr 2021 bestimmt. Am Sonntag, 15. August, wurde in diesem Zusammenhang in der rumänischen Kirche auch der “Sonntag der Migranten” begangen. Der rumänisch-orthodoxe Bischofsvikar Nicolae Dura, er steht in Österreich den rumänischen Gemeinden vor, hat in diesem Zusammenhang gegenüber Kathpress auf die stetig zunehmende Bedeutung der Diaspora für seine Kirche hingewiesen.
Dura untermauerte dies mit einigen Zahlen: Die europäische Diaspora der Rumänisch-orthodoxen Kirche hatte bis 1994 nur einen einzigen Bischof, inzwischen sind es neun. In Österreich gab es bis 1993 nur zwei rumänische orthodoxe Pfarren, heute sind es 25. Acht davon hätten eigene Kirchengebäude, “die anderen verwenden, im Geist der lebendigen Ökumene, Kirchen von unseren katholischen Schwestern und Brüdern”. 1993 gab es in Wien 36 Taufen in der Rumänisch-orthodoxen Kirche, 2020 waren es 306.
Die Zahl der rumänisch-orthodoxen Gläubigen in Österreich liegt Schätzungen zufolge bei bis zu 50.000. Rumänisch-orthodoxe Pfarrgemeinden gibt es in Wien, Salzburg, Graz, Linz, Klagenfurt, Innsbruck, St. Pölten, Knittelfeld, Wiener Neustadt, Feldkirch, Krems, Braunau, Bruck an der Mur/Kapfenberg, Gleisdorf, Wels, Zell am See, Oberwart/Oberpullendorf, Vöcklabruck, Neudau und Bruck an der Leitha. In Österreich wirken rund 20 Priester und einige Diakone.
Die rumänisch-orthodoxen Kirchengemeinden in Österreich gehören zur Erzdiözese für Deutschland, Österreich und Luxemburg. Die Erzdiözese umfasst insgesamt mehr als 130 Pfarren, Filialen und Klöster. Zuständiger Bischof ist Metropolit Serafim Romul Joanta mit Sitz in Nürnberg. Metropolit Serafim wurde dieser Tage mit dem renommierten “Abt-Emmanuel-Heufelder-Preis” der Benediktinerabtei Niederaltaich ausgezeichnet. Mit dem Preis werden Einrichtungen oder Personen gewürdigt, die sich in besonderer Weise für die ökumenische Verständigung und Annäherung zwischen der katholischen Kirche und den Ostkirchen engagieren.
Erste Erwähnung 1726
Die Präsenz orthodoxer Christen in Wien wird in einem von Kaiser Karl der VI. 1726 unterzeichneten Dokument erstmals erwähnt. Ende des 19. Jahrhunderts lebten in Wien 200 rumänische Familien, bis 1918 war ihre Zahl auf 1.000 Familien gestiegen. Im Jahr 1906 mieteten die orthodoxen Rumänen für ihre Gemeinde Räumlichkeiten im Palais Dietrichstein (Löwelstraße 8), wo sie eine Kapelle einrichteten. 2002 wurde die erste rumänische Wiener Kirche gebaut. Im Jahr 2014 übergab die Erzdiözese Wien die Antonskirche im 14. Wiener Bezirk an die Rumänisch-orthodoxe Kirche und dieser Tage wurde eine weitere neue gebaute Kirche im Zweiten Bezirk fertiggestellt. Auch in Klagenfurt wird eine rumänisch-orthodoxe Kirche gebaut. Im internationalen Diaspora-Vergleich ist die Rumänisch-orthodoxe Kirche in Österreich relativ klein. In Italien leben bis zu 1,3 Millionen Rumänen, in Spanien eine Million. Nichtsdestotrotz spiele die rumänische orthodoxe Kirche in Österreich respektive in Wien eine besondere Rolle in der rumänischen Diaspora, betonte Dura. “Von den bisherigen sechs rumänisch-orthodoxen Patriarchen haben fünf Wien besucht”, so der Bischofsvikar. Viele rumänischen Persönlichkeiten wurden im Laufe der Zeit an der Wiener Universität ausgebildet.
Seelsorge in Österreich
Im Interview mit “Trinitas-TV”, dem Fernsehsender des rumänischen Patriarchats, führte Bischofsvikar Dura dieser Tage einige zentrale seelsorgliche Aktivitäten seiner Kirche in Wien an. Dazu gehören regelmäßige Bibelgespräche seit 1993, Jugendtreffen und Kinderkatechesen.
Dura führte zudem schon vor rund 25 Jahren in Wien eine sonst in der rumänisch-orthodoxen Kirche unübliche pastorale Neuerung ein: Die Kinder im Alter von etwa sieben Jahren bereiten sich intensiv auf ihre Erstbeichte vor. Nach der Erstbeichte findet eine festliche Kommunionfeier statt. Diese ist nicht ganz mit der katholischen Erstkommunion zu vergleichen, denn in der Orthodoxie bekommen die Säuglinge gemeinsam mit der Taufe auch die Myronsalbung (entspricht der katholischen Firmung) gespendet und können damit auch schon das Sakrament der Eucharistie empfangen. Nun, im Alter von sieben Jahren, könnten die Kinder den Empfang des Sakraments aber bewusst vollziehen, so Dura. Der Brauch einer feierlichen Erstbeichte mit Kommunionfeier ist zumindest in der rumänisch-orthodoxen Diözese Zentral- und Mitteleuropa durchgängig verbreitet.
Dura wies zudem darauf hin, dass seit rund 30 Jahren in Wiener Schulen orthodoxer Religionsunterricht erteilt wird. Seit 20 Jahren gibt es auch eine Website (www.rumkirche.at) und eine Facebook-Seite. Zudem wird das Pfarrblatt “Rufe zu Christus” herausgegeben.
Veröffentlicht in der Kathpress, Wien, 17.08.2021, S. 5-6